Sonja Bullen

Mathe, 11.Klasse, Kurvendiskussion. Wieder mal total abgeschmiert. Alles, was sich mir damals daraus erschloss, Extremwerte zu berechnen, war die Tatsache, dass das Ganze für mich extrem wertlos war. Spätestens da beschloss ich, dass von nun an nur noch Worte meine Sprache sind. Ich schrieb Gedichte, während mein kauziger Physiklehrer über Atome dozierte, und dachte mir Geschichten aus, die mich durch alles retteten, was mit Zahlen zu tun hatte.
Das Wort - es hat mich bisher durch alle Phasen meines Lebens getragen.
Mit meinem Vater als Vorbild wollte ich Theaterschauspielerin werden, doch wurde Logopädin, die ab und zu schauspielert. Also, auf der Bühne, nicht im Leben. ;-) Das Schreiben von Geschichten berührte mich immer mehr, ich machte Kurse, Fortbildungen, Fernstudien, bis ich irgendwann in einem ziemlich coolen Exposé-Kurs landete, durch den ich gleich zweierlei Geschenke bekam. Erstens traf ich dort eine kleine Gang sehr feiner und genialer Autorenkolleginnen, bald Freundinnen, und ich wusste endlich, wie man ein gutes Expo schreibt. Viele Kapitel und Absagen später kam dann der Durchbruch in die „offizielle“ Welt des Schreibens. Obwohl ich mich auch vorher bereits als Autorin empfand, schließlich hatte ich meine damalige Logopädiestelle immer weiter gekürzt, um mehr schreiben zu können.
Nach weiteren Aus- und Weiterbildungen, arbeite ich zudem therapeutisch mit dem Wort als Poesietherapeutin, und auch beschwingt singend als Singleiterin. Die Kinder, die ich als Logopädin in der Integrationsgruppe eines Kindergartens betreue, freuen sich auch über meine Liebe zu Geschichten.
Wenn ich also nicht gerade anderweitig arbeite, mit meinen Söhnen rumalbere, Ukulele spiele, singe, mich als Sprecherin weiterbilde, Gedichten lausche, unsere Labradorhündin kraule oder beim Pilates Muskeln anspanne, von denen ich vorher noch gar nichts wusste, schreibe ich. Und zwar entweder in meinem Schreib-Bauwagen, oder in einem Kleiderschrank, ohne Fenster.
Auch wenn das vielleicht nicht so klingt, ist das oft einer der Hochpunkte des Tages.
Das Fenster nach innen zur Fantasie ist doch sowieso immer geöffnet.